Sie schlug mir vor, es auszutragen und zur Adoption freizugeben – Elena (27) Regensburg

Ich hatte meinen Abbruch vor vier Jahren. Ich möchte noch dazu sagen, dass ich schon in der 9. Klasse, mit 15, bei einer Umfrage darüber, wie viele Kinder man möchte ( in Sozialkunde), die einzige war, die sich bei "keine Kinder" meldete. Für mich war das immer klar. Ich dachte, wenn dann würde ich gerne (ich lebte selbst eine Zeit im Heim) eines adoptieren oder zur Pflege nehmen. Ich habe einen schwierigen familiären Background, was meine Entscheidung wahrscheinlich schon früh untermauert hat.

Es war damals mein letzter Arbeitstag vor dem Urlaub. In der Pause telefonierte ich mit einer Freundin, mir war den ganzen Tag über schlecht. Sie bewegte mich dazu, mir einen Schwangerschaftstest zu kaufen, nur zur Beruhigung meinte sie, was ich dann auch tat. Das erste, was ich tat, als ich nach Hause kam, war den Test zu machen. Und zu allem Überfluss dauerte es keine zehn Sekunden, da zeigte er "schwanger" an. Ich ging aus dem Raum und hoffte, wenn ich zurückkäme, hätte ich mich bloss vertan und der Test wäre negativ. War er aber nicht. Ich rief sofort bei meiner Frauenärztin an und vereinbarte einen Termin.

Als ich am Abend einen damals befreundeten Paar davon erzählte, war deren erste Aussage im Affekt : "Bist du dumm". Das war mir ein Schlag ins Gesicht. Natürlich musste auch ich zur Beratungsstelle (in einer total konservativen Kleinstadt war der Termin für mich schlicht erniedrigend). Ich erklärte der Frau, dass ich absolut unglücklich über die Schwangerschaft sei, dass es für mich in meiner aktuellen Situation keine Chance gebe, dass ich es behielte. Ich arbeitete als Verkäuferin, lebte allein und hatte auch sonst, familiär, niemanden, der mich bei der Mammutaufgabe "Elternschaft" unterstützen würde. Sie schlug mir vor, es auszutragen und zur Adoption freizugeben, da würde ich es wenigstens am Leben lassen. Ich war empört. Ich hatte allgemein das Gefühl, ich musste die Frau überzeugen, was ich mit meinem Leben und meinem Körper vorhatte. Das war sehr entwürdigend für mich.

Ich kam mir immer kleiner vor. Ich konnte den Abbruch auch nicht bezahlen, weshalb ich zur Krankenkasse fuhr, um dort noch den Antrag zu stellen. Ich kam mir noch ein Stück mieser vor. Jetzt musste ich dort auch wieder sämtliche Details erklären. Mein Trost damals war meine sehr liebe Frauenärztin, die ich nie im Leben eintauschen würde. Sie gab mir gleich Information, wo ich anrufen könne, um den Abbruch vornehmen zu lassen und gab mir nicht eine Sekunde das Gefühl, ich hätte etwas falsches gemacht. Dann konnte ich GOTTSEIDANK noch kurzfristig einen Termin in Regensburg (Absaugmethode) bekommen. Ich weiß noch, es hieß, der Arzt sei jetzt dann im Urlaub, ich wäre, wenn ich ihn nicht mehr rechtzeitig erreicht hätte leider aus der legalen Frist gefallen und hätte es hier nicht mehr abtreiben können.

Ich fuhr dort mit dem Zug hin und ab da war ich erleichtert, dass die Frist und die Anträge und der ganze Kram erledigt waren und ich nicht mehr befürchten musste, dass ich ungewollt Mutter werden muss, doch es schlich sich natürlich auch diese Angst ein, die man hat, wenn man sich vollkommen klar ist, eine Entscheidung, die für immer gilt, zu treffen. Als ich im Aufwachraum aufwachte, kamen mir die Tränen, auch vor Erleichterung diese Entscheidung getroffen zu haben und alles "hinter mich gebracht zu haben". Neben mir lag eine Frau, die meine Tränen sah, und nahm meine Hand. Dieser Moment war so rührend, den werde ich nie vergessen.

Ich habe in der Zeit danach oft daran gedacht, wie mein Leben verlaufen wäre mit einem Kind, und mir so oft danach gedacht, welches Glück ich habe, dass ich den Abbruch durchführen lassen konnte. Ich hole mittlerweile mein Abitur nach und freue mich auf meine Zukunft, die ich selbst gestalte. Hätte ich das Kind ausgetragen und behalten, dann hätte ich mich aufgrund der finanziellen und psychischen Lage nicht halb so gut um mich oder das Kind kümmern können. Hätte ich es ausgetragen, hätte ich dem Kind erst Recht keinen Gefallen getan, wenn ich es weggegeben hätte.

Mir tut es weh, wenn Menschen empathielos ihre verachtende Haltung zum Thema Abtreibung deutlich machen. Daran merkt man, dass wir noch ein großes Stück davon entfernt sind, es als "normal", geschweige denn als "health care" zu sehen. Insgesamt ist diese Zeit natürlich NICHT gerade mein Lieblingsabschnitt des Lebens und ich werde es bestimmt nicht mehr, weils so toll ist, freiwillig wiederholen, wie es mancher Politiker meint. Frauen haben genauso das Recht ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und dazu gehört VOR ALLEM die Entscheidung, ob man Mutter wird oder nicht.

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